Wahlfächer im Wintersemester 2018/19
Medizin im Film: Seelenverletzungen. Film als Trauma-Arbeit
DozentInnen: Prof. Christoph Rehmann-Sutter, Dr. Birgit Stammberger, Prof. Burghard Weiss
Zeit und Ort: Montags, 18:30 bis 21:30 Uhr, 14-tägig im Hörsaal des IMGWF
Das Wort „Trauma“ leitet sich ab vom Griechischen trauma, Verwundung, Verletzung, Durchbohren, Kränkung. Ein Trauma ist eine seelische Verwundung, ein Schock, der im Bewusstsein nicht oder nicht im vollen Umfang registriert wird. Die Abwehr und die Verdrängung von traumatischen Erinnerungen erzeugt Brüche in der Wahrnehmungskontinuität und traumatische Erinnerungen bedrohen die Kohärenz des Selbst. Traumata können entstehen durch erlittene, beobachtete oder selbst verübte Gewalt, wie sie im Krieg vorkommt. Der Holocaust, Folter oder Vergewaltigungen sind Grund für vielfältige Verwundungen, die individuell und kollektiv erlitten werden. Sowohl Opfer- als auch Tätererfahrungen können zu Traumata führen. Seit dem DSM-3 von 1980 ist das Leiden an Traumaerfahrungen medizinisch als „post traumatic stress disorder“ PTSD anerkannt worden.
In der Filmsprache lassen sich traumatische Erfahrungen und das traumatische Erinnern darstellen und sichtbar machen. Daraus ergibt sich die Leitfrage des Seminars: Welchen Teil von Trauma-Arbeit können Filme leisten? Wie zeigen sie dieses Thema? Was sprachlich unsagbar und undiskutierbar ist, kann ansatzweise dargestellt werden. Filme über Traumata sind dabei immer auch Stellungnahmen in einem politischen Diskurs um die Anerkennung eines Traumas und nehmen Teil an einem oft konfliktreich geführten Prozess des Durcharbeitens und der Erinnerung. Filme stellen das Un-Darstellbar dar. Im Programm dieses Sommersemesters werden filmische Arbeiten zu individuellen und kollektiven Traumata diskutiert, die Gewalt, Vergewaltigung, Krieg, Holocaust und Konflikt thematisieren.
Termine
22. Okt. 2018
Einführung
Filmsprache, Traumatheorien, Bedeutung von Film für die kollektive und individuelle Trauma-Arbeit; Programmübersicht, Aufgabenverteilung
5. Nov. 2018: Film I
Die Ethik des Traumas (Israel-Palästina I)
In The Crosswind
Martti Helde, Estland 2014
19. Nov. 2018: Film II
Erzählen des Unsagbaren
Waltz with Bashir
Ari Folman, Israel 2008
3. Dez. 2018: Film III
Die Kraft der Liebe und die Versöhnung
Grbavica (Esmas Geheimnis)
Jasmila Žbanić, Bosnien 2006
17. Dez. 2018: Film IV
Lebenlernen im kollektiven Trauma
Jonas
Ottomar Domnick, Deutschland 1957
14. Jan. 2019: Film V
Der Vietnamkrieg und die Anerkennung des post-traumatischen Stress-Syndroms
Coming Home (The Last Family)
Hal Ashby, USA 1978
28. Jan. 2019: Film VI
Begegnung mit dem traumatisch Realen (Israel-Palästina II)
Forgiveness
Udi Aloni, Israel 2006
Weitere Filme zu Trauma:
Literatur (Auwahl):
Julia Barbara Köhne (Hg.): Trauma und Film. Berlin: Kadmos 2012. Darin speziell: Sandra Meiri: From War to Creation and Redemption: On Udi Aloni’s Local Angel (2002) and Forgiveness (2006), S. 327-347.
José Brunner: Die Politik des Traumas. Gewalterfahrungen und psychisches Leid in den USA, in Deutschland und im Israel/Palästina-Konflikt. Frankfurt/M: Suhrkamp 2014.
Mithu M. Sanyal: Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens. Hamburg: Nautilus 2016.
Sabine Wollnik /Brigitte Ziob (Hrsg.): Trauma im Film. Psychoanalytische Erkundungen. Gießen: Psychosozial-Verlag 2010.
Um Voranmeldung wird gebeten unter: sekretariat(at)imgwf.uni-luebeck.de