Phänomenologie der technischen Welt
In der Medizin und der empirischen Forschung meint man mit dem Wort Phänomenologie oft die möglichst genaue Beschreibung einer konkreten Situation, eines speziellen Krankheitsbildes oder der Umgangsweisen mit einer bestimmten Technik. In der Philosophie hingegen stellt Phänomenologie eine eigene Forschungsrichtung dar, die nach den Bedingungen der Möglichkeit fragt, etwas auf genau diese Weise zu erfahren. Im IMGWF denken wir beide Bedeutungen zusammen, um medizinische Praktiken über ihre fachliche Legitimation hinaus in ihren vielfältigen Wirksamkeiten zu erfassen, und um die Welt technischer Systeme besser zu verstehen, denn als bloße Anwendung von Wissen aus der Forschung.
Das Themenfeld zeigt auf das besondere Potential der Phänomenologie angesichts des technischen und digitalen Wandels in Medizin, Biomedizin und Lebenswissenschaften. Dieser Wandel greift nämlich ein in die Praxisstrukturen und Lebenswelten; er betrifft die Erfahrungen und Wahrnehmungen, Bewusstseinsphänomene, Körper-Leib-Konstellationen und vielfältige Dimensionen des 'Lebens'. In diesem Kontext richtet sich Phänomenologie sowohl als Haltung als auch als Forschungsstil auf das (vermeintlich) Selbstverständliche als 'Fragwürdiges'. Sie untersucht die Vielschichtigkeit unserer technischen Selbst- und Weltverhältnisse.