Wissenschaftsgeschichte, Epistemologie und Visualisierung
Wer nach der Historizität von Wissen fragt, rechnet damit, dass es anders sein könnte. Das impliziert einen Möglichkeitssinn, der historische Bedingungen immer schon im Hinblick auf Alternativen, auf Abzweigungen und andere Zukünfte befragt. Nur auf den ersten Blick widmet sich Wissenschaftsgeschichte allein der Vergangenheit.
Offenbar gilt für Wissenschaftsgeschichte wie für andere Disziplinen, dass ihre Programme und Projekte Trends und Tendenzen durchlaufen. Insofern Wissenschaftsgeschichte mehr sein soll als eine Normalwissenschaft, muss sie solche Konjunkturen als konstitutiv für ihren epistemologischen Anspruch begreifen. Zusammen mit der Genese fachlichen Wissens müssen auch die Regeln für dessen Anerkennung historisiert werden. Es geht darum, diese Regeln aus den jeweiligen historischen Bedingungen freizulegen. Hierin liegt die Sprengkraft einer radikalen Historisierung wissenschaftlicher Praktiken.