Fabian Dib
Ideologie und Forschungsalltag: Bestandsaufnahme und Auswertung medizinischer Dissertationen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in den Jahren 1931 bis 1949.
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit medizinischen Dissertationen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in den Jahren 1931 bis 1949, die einen noch unbekannten Quellenbestand für die Forschung am Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus darstellen.
Im Fokus der bisherigen historischen Aufarbeitung medizinischer Forschung in diesem Zeitraum liegt meist die „entgrenzte“ Forschung, wie beispielsweise die Kälteversuche in Dachau oder die Entwicklung von Sterilisationsmethoden in Auschwitz. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie und ob „normale“ Forschungsarbeit im Dritten Reich stattfinden konnte.
Abseits von Versuchen in Konzentrationslagern und besetzten Gebieten bilden medizinische Doktorarbeiten eine fundierte Grundlage für einen Einblick in den Forschungsalltag von medizinischen Fakultäten – Doktorväter und Doktoranden unterschiedlicher Kliniken repräsentieren einen Querschnitt durch die akademische Gesellschaft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Medizinstudierenden nach Kriegsende die Mehrzahl der behandelnden Ärzte und Forscher in Deutschland bilden und einen nachhaltigen Einfluss auf die Arbeit und Sozialisation von nachfolgenden Generationen ausüben.
Der Quellbestand der Dissertationen soll somit auf die medizinische Forschung am Menschen, den Umgang mit Versuchspersonen und zugrundeliegende Formen von Wissenschaftsverständnis und ärztlichem Ethos untersucht werden. Weiterführende Fragen nach dem Hintergrund der Doktorväter und Doktoranden, deren wissenschaftliche, ärztliche und ggf. politische Karriere – immer im zeitlichen Kontext zur Entwicklung der Universität im Nationalsozialismus - sollen den Einblick in den Forschungsalltag einer medizinischen Fakultät vervollständigen.
Bisherige Ergebnisse der Arbeit im Verbundprojekt legen nahe, dass in diesem Forschungsalltag ein deutlicher Schwerpunkt auf der Produktion neuen Wissens lag – im Gegensatz zu einem ethischen Umgang mit Versuchspersonen und Patienten oder einer einheitlichen, standardisierten wissenschaftlichen Methodik.
Das Dissertationsprojekt soll die aufgeführten Fragestellungen und Ergebnisse kritisch und unvoreingenommen für die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersuchen und dabei einen Beitrag zur Aufarbeitung der Universitätsgeschichte und der Medizingeschichte im Allgemeinen leisten.
Betreuung: Prof. Cornelius Borck