Sterbewünsche von palliativ versorgten Menschen in schwerer Krankheit
Dissertationsprojekt von Franziska Rau
Kommunikation und Legitimation: Moralische Dilemmata der Palliativen Sedierung aus der Sicht von Palliative-Care-Spezialisten.
Als Methode zur Leidenslinderung durch den Einsatz bewusstseinsdämpfender Medikamente bei anderweitig nicht kontrollierbaren Symptomen ist Palliative Sedierung (PS) im Allgemeinen anerkannt. In bestimmten klinischen Konstellationen jedoch – zum Beispiel zusammen mit der Beendigung von lebenserhaltenden Maßnahmen – oder in tiefer-kontinuierlicher Form angewandt, ist diese Therapie durchaus umstritten. Es gibt Hinweise darauf, dass die Grenzen zur Euthanasie in der Praxis manchmal verwischen können. Auch wenn in einigen europäischen Ländern eine steigende Tendenz des Einsatzes von PS bei sterbenden Patienten zu beobachten ist (für Deutschland liegen bisher keine repräsentativen Daten vor, die eine solche Entwicklung nachweisen), verbleibt eine kontroverse ethische Debatte um einen moralisch akzeptablen Umgang mit PS.
Qualitative Studien haben bereits die emotionalen Auswirkungen auf die an der Sedierung Beteiligten und die ethische Argumentation von Ärzten und Pflegekräften, die mit der Form der tiefen-kontinuierlichen Sedierung befasst waren, in drei europäischen Ländern untersucht. Diese Ergebnisse können jedoch nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen werden, da bei uns andere rechtliche Rahmenbedingungen in Bezug auf Euthanasie gelten, welche vermutlich den Umgang mit PS beeinflussen. Unserer Kenntnis nach existieren in Deutschland bisher keine qualitativen Studien, die die moralischen Konflikte - sofern es sie gibt - aus der Sicht von praktizierenden Palliative Care Spezialisten untersuchen.
Deshalb möchte ich im Rahmen dieser Studie mit empirisch-ethischem Forschungsansatz klären, ob und wenn ja, in welche Legitimationskonflikte Palliativmediziner und Pflegende geraten, worauf sie diese zurückführen und wie sie diese deuten. Wie wirken sich solche Konflikte auf die Kommunikation über PS aus? Wie verstehen sie ihre Rolle als Palliativmediziner und welchen Einfluss haben eigene Vorstellungen vom Sterben auf den Umgang mit PS?
Es sind zehn bis zwölf semi-strukturierte Interviews mit Spezialisten der Palliativmedizin geplant. Die ärztliche Perspektive soll auch mit der Perspektive von Pflegenden verglichen werden. Bei der Auswahl der Probanden wollen wir uns so weit wie möglich an den Prinzipien des Theoretical Sampling orientieren. Die Interviews werden aufgezeichnet und anhand der Methode „Interpretative Phenomenological Analysis“ nach J.A. Smith ausgewertet.
Betreuung: Prof. Christoph Rehmann-Sutter