PreGGI
Hannes Foth, M.A., Inaugural Dissertation über:
(Abgeschlossen)
Verantwortung und Freundschaft in Eltern-Kind-Beziehungen im Erwachsenenalter
Inhalt
Diese Arbeit ist vom demografischen und kulturellen Wandel von Familienbeziehungen inspiriert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Eltern-Kind-Beziehungen im gemeinsamen Erwachsenenalter. Viele Eltern und Kinder teilen heute eine längere gemeinsame Lebenszeit bei guter Gesundheit. Hinzu kommt der kulturelle Wandel einer Liberalisierung und Pluralisierung von Familienformen. Vermehrte Trennungen führen dazu, dass Eltern-Kind-Beziehungen als Konstante im Leben an Gewicht gewinnen können, sich aber auch auf neue Konstellationen und Lebensabschnitte einstellen müssen. Unsere Verständnisweisen von Familien- und Eltern-Kind-Beziehungen sind dadurch in Bewegung geraten und oft nur implizite Erwartungen an diese Beziehungen müssen neu ausgehandelt werden. Dazu soll diese Arbeit ihren philosophischen Beitrag leisten. Die Einbeziehung von Beiträgen aus der multidisziplinären Familienforschung spielt dabei eine wichtige Rolle, wobei das Primat bei der Reflexion darüber bleibt, welchen Sinn wir aus solchen Perspektiven für unsere familiäre Lebenspraxis und die antizipierende Thematisierung ihrer Lebensabschnitte gewinnen können. Auf diese Weise wird die These entfaltet, dass Eltern-Kind-Beziehungen im gemeinsamen Erwachsenenalter besondere Verantwortlichkeiten implizieren, die jedoch Räume und Anforderungen der Gestaltung aufweisen und auch eine freundschaftliche Ebene der Beziehung ermöglichen können.
Die Studie gliedert sich in vier Untersuchungen:
- Der erste Teil zeigt auf, welche gesellschaftlichen Orientierungskämpfe heute am Begriff „Familie“ ausgetragen werden und nimmt selbst dazu Stellung. In Auseinandersetzung mit einer Pluralität von Familienbegriffen wird „Familie“ vor allem über die lebenslange Intergenerationenbeziehung expliziert.
- Der zweite Teil konzentriert sich auf eine Charakterisierung und Entfaltung typischer Strukturen und Entwicklungen der Eltern-Kind-Beziehung. Schwerpunkte sind ihre Neuausrichtungen im gemeinsamen Erwachsenenalter, das Wechselspiel von asymmetrischen und symmetrischeren Dimensionen der Beziehung, die komplexen (emotionalen) Bindungen, die sie entwickeln können, sowie ihr ungewählter und verbindlicher Charakter.
- Die zunächst nur postulierte Verbindlichkeit gilt es im dritten Teil der Arbeit zu überprüfen. Ausgangspunkt ihrer normativen Rekonstruktion ist insbesondere die ethische Debatte über Pflichten, die aus besonderen Beziehungen resultieren. In Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Positionen wird der Vorschlag entwickelt, filiale und familiäre Moralität stärker über eine Konzeption von Verantwortung und Reife zu rekonstruieren.
- Im abschließenden Teil wird dann eine orientierende Debatte über Modelle und Ideale für gelingende Beziehungen Eltern-Kind-Beziehungen im Erwachsenenalter geführt. Insbesondere wird die Idee ausgelotet, dass sich ihnen als Erwachsene die Chance zu freundschaftlicheren Beziehungen bietet, wenn dabei die primären Erfordernisse und Verantwortlichkeiten von Eltern-Kind-Beziehungen nicht aus dem Blick geraten.
Diese sozialphilosophische und ethische Studie wurde von Prof. Dr. Simone Dietz betreut und von der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen. Zudem ist sie Teil des PreGGI-Projektes am Institut für Geschichte der Medizin und Wissenschaftsforschung der Universität zu Lübeck, wobei Prof. Dr. Christina Schües als Zweitgutachterin fungiert.